Morbus Werlhof

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Morbus Werlhof gehört zu wenig bekannten Autoimmunerkrankungen und ist ebenso unter den Namen Werlhof-Krankheit, Autoimmunthrombozytopenie, Immunthrombozytopenie oder Purpura haemorrhagica bekannt. Sie trägt den ICD10 Schlüssel D69.3 [1]

Betroffen sind Frauen und Männer, wobei weibliche Patienten dreimal so häufig betroffen sind, als männliche. Das Alter des Auftretens kann sehr unterschiedlich ausfallen, beginnend im Kindesalter und bis ins hohe Alter hinein. Jährlich werden rund 6-8 Neuerkrankungen auf 100.000 Einwohner gezählt.

1. Was ist Morbus Werlhof?

Definition

Bei der Erkrankung handelt es sich um einen idiopatischen, nicht durch Umwelteinflüsse verursachen Prozess der Zerstörung von Thrombozyten. Der Zerfall findet in der Milz statt. Bei Thrombozyten handelt es sich um unverzichtbare Bestandteile des Blutes, sogenannte Blutplättchen. Diese erfüllen vor allem eine entscheidende Rolle bei der Blutgerinnung und Wundheilung, da sie die Wunde verschließen und eine übermäßige Blutung vermeiden. Die physiologische Anzahl an Blutplättchen bei gesunden Menschen ist sehr unterschiedlich und liegt bei 140 bis 360 Tausend/μl Blut. Für die Funktionalität dieser Blutteilchen ist nicht nur die Anzahl, sondern auch die Fähigkeit zur Aktivierung von höchster Bedeutung.

Bei der Werlhof-Erkrankung wird durch die körpereigene Zerstörung dieser Thrombozyten ein Mangel ausgelöst, dadurch können die Blutplättchen ihre Funktion nicht vollständig erfüllen und der Patient leidet unter stärkeren Blutungen, einer massiv gestörten Wundheilung und subkutanen Einblutungen. [1]

2. Welche Ursachen gibt es?

Die Entstehung von Morbus Werlhof ist idiopathisch. An der Immunthrombozytopenie erkranken häufiger Frauen nach einer Schwangerschaft, Menschen nach schweren Infektionen sowie Kinder. Bei Kindern kommt es meist sehr spontan zu einer Erkrankung. Eine Übertragen jeder Art oder ein konkreter Auslöser kann vollständig ausgeschlossen werden.

3. Welche Symptome & Anzeichen gibt es?

Die Symptomatik der Erkrankung ist sehr krankheitstypisch. Durch den Mangel an Blutplättchen entstehen Einblutungen. Kleinstgefäße reißen, platzen oder erneuern sich stetig, bei den Patienten kommt es aber nicht zu einer schnellen Ausheilung und somit tritt das Blut über einen längeren Zeitraum an derselben Stelle auf. Dabei kann es sich um kleinste Verletzungen handeln, die man körperlich in keiner Form wahrnimmt, typische Symptome, die meist zu einer Besorgnis und anschließender Diagnostik führen, sind Hämatome in Kleinstform.

Typisch sind Petechien, das sind Einblutungen, die groß wie ein Stecknadelkopf sind. Zu Beginn werden sie häufig nicht als Einblutungen wahrgenommen, sondern zu (alterstypischen) Verfärbungen der Haut gezählt. Als ein Warnzeichen werden Petechien erst wahrgenommen, wenn sie sich ausbreiten und größere blutige Flächen bilden. Der Patient neigt zu plötzlich und schnell auftretenden Hämatomen, schlecht heilenden Wunden und beim Ausbreiten der Petechien größeren Blutflächen. Auch Blut im Urin, Zahnfleischbluten, Blut im Stuhl, Schmerzen, geröteten Augen, Blutungen aus der Scheide sowie Bluterbrechen. Ebenfalls ist eine verstärkte Regelblutung bei Frauen ein typisches Symptom der Autoimmunerkrankung.

Bei einer größeren innerlichen oder äußerlichen Wunde kann es zu einem schnellen Blutverlust kommen, welcher im Ernstfall zu einem Schockzustand, Sauerstoffmangel in den Organen und neurologischen Systemen führen kann und einen letalen Ausgang haben kann. [2]

 

Erste Warnzeichen der Krankheit:

  • Kleine und größere Hämatome
  • Schlechte Wundheilung
  • Blut in Körperflüssigkeiten

Stellt man diese Symptome fest, sollte man dringend einen Arzt aufsuchen.

4. Wie diagnostiziert man Morbus Werlhof?

Die ersten Warnzeichen sind Petechien. Treten diese auf, wird eine umgehende Diagnostik eingeleitet. Dafür wird ein Blutbild gemacht, um die Anzahl der Thrombozyten zu prüfen. Ein Mangel an Blutplättchen kann auf eine andere Erkrankung hindeuten, denn eine Thrombozytopenie kann ein Symptom sein. Zur Differenzialdiagnose wird nicht nur die Anzahl der Blutplättchen, sondern auch die Funktionalität und Beschaffenheit dieser untersucht. Eine weitere diagnostische Methode ist die Untersuchung des Knochenmarks.

5. Wie ist der typische Krankheitsverlauf?

Zu Beginn entwickelt der Patient krankheitstypische Symptome. Da im Laufe der Zeit immer mehr Blutplättchen zerstört werden, manifestiert sich die Symptomatik. Die Prognose ist sehr unterschiedlich, in einigen Fällen kommt er zu einer Spontanremission, vor allem bei Kindern. Der Körper stellt die Aggression gegenüber den körpereigenen Blutplättchen ein und der Patient erholt sich vollständig. [3]

Das Risiko für einen letalen Ausgang der Erkrankung steigt mit dem Alter. Bei Patienten unter 40 Jahren liegt das Risiko einer kritischen Blutung mit Todesfolge bei rund 0,3-0,4%, während im Alter zwischen 40 und 60 Jahren es bereits 1,2% sind. Kritisch wird die Erkrankung im fortgeschrittenen Alter über 60 Jahren: Hier liegt die Mortalität bei einer kritischen bzw. fatalen Blutung bei über 13%. Patienten, die keine Remission bekommen, sind auf Medikamente und regelmäßige Untersuchungen angewiesen.

6. Welche Behandlungsmethoden bzw. Therapien gibt es?

6.1 Schulmedizin

In der klassischen Medizin werden Patienten mit leicht erniedrigten Thrombozytenwerten vorerst nicht behandelt, aber beobachtet. Von einem Therapiebedarf spricht man, wenn die Anzahl der Blutplättchen deutlich unter den Normalwerten liegt. Das gilt bei Thrombozytenzahlen unter 20 x 103/µl. Ebenso besteht ein Behandlungsbedarf, wenn der Patient weitere Indikationen mitbringt, z. B. Diabetes, onkologische Erkrankungen und diverse Krankheiten, die mit einer Hämophilie einhergehen. In der klassischen Medizin wird vorrangig die Blutgerinnung unterstützt, um die Gefahr einer fatalen Blutung auszuschalten.

Mittel zur Behandlung von der Autoimmunthrombozytopenie:

 

Glukokortikoide

Bei Glukokortikoiden handelt es sich um Hormone aus dem Bereich der Steroide. Typische natürliche Glukokortikoide sind z. B. Cortison und Cortisol, die für ihre entzündungshemmende Wirkung bekannt sind. (Quelle) Bei Morbus Werlhof wirken Glukokortikoide erst nach mehreren Tagen Gabe und sind somit als eine kurzzeitige Lösung bei Lebensgefahr nicht verwendbar. Bei der Werlhof-Erkrankung entsteht im Körper eine Überzahl an Antikörpern, die sich gegen Thrombozyten richten. Diese binden sich an Erythrozyten und bekommen die Chance, im Körper transportiert zu werden.

Mit der Gabe von Glukokortikoiden wird diese Funktion ausgehebelt, da sie immunsuppressiv wirken und die Bindung dieser an die Thrombozyten verringert und allgemein die Affinität der Fresszellen verhindert.

 

Immunglobuline

Bei den Immunglobulinen handelt es sich um eine schnelle, kurzfristige und für Notfälle geeignete Lösung. Die Immunglobuline werden direkt in der Milz aktiv und hemmen dort die Zerstörung der Blutplättchen.

6.2 Naturheilkunde

Natürliche, z. B. phytotherapeutische Mittel, können nur bedingt eingesetzt werden und müssen immer in der Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen.

6.3 Alternative Therapieformen

Aktuell ist kein alternatives Verfahren bekannt, welches Einfluss auf die Problematik nehmen kann.

7. Gibt es Hausmittel für Morbus Werlhof?

Es sind keine Hausmittel bekannt, die die Werlhof-Krankheit heilen, vorbeugen oder aushebeln würde. Dennoch ist es möglich, mit der richtigen Ernährungsweise den Körper zu unterstützen. Wichtig ist ein gesundes Blutbild, daher ist es zu empfehlen, bereits bei der Diagnostik ein umfangreiches Bild des Blutes anzulegen.

Diese Lebensmittel unterstützen die Funktionen des Bluts:

  • Grüne Bohnen
  • Kiwi
  • Tomaten
  • Orangen
  • Spinat
  • Brokkoli
  • Grünkohl

 

Speziell für die Bildung und Funktionalität der Thrombozyten wird zum Verzehr dieser Früchte geraten. Es ist im Ernstfall keine Allheillösung und sollte neben der üblichen ärztlichen Behandlung unterstützend eingenommen werden. Beispielsweise sorgt Vitamin C für eine hohe Effizienz und die Produktion von Blutplättchen. Grundsätzlich ist bei allen Erkrankungen mit Thrombozytenmangel zu empfehlen, sich ballaststoffreich zu ernähren und zu bewegen, allerdings keinen übermäßigen Sport zu betreiben. Auch Muskelkater sollte vermieden werden, um Blutungen der Muskeln zu vermeiden. [4]

8. Wie kann man Morbus Werlhof vorbeugen?

Es ist nicht möglich, der Immunthrombozytopenie in irgendeiner Weise vorzubeugen, da keine Ursachen bekannt sind.

9. Morbus Werlhof bei Kindern

Bei Kindern tritt die Erkrankung deutlich häufiger auf, als bei erwachsenen Patienten. Meist entwickeln die Kinder für Morbus Werlhof typische Symptome nach einer Infektion. Sie bekommen kleine blutige Punkte auf der Haut und an den Schleimhäuten. Bei Kindern ist die Prognose in den meisten Fällen sehr positiv: Die Erkrankung verschwindet in den meisten Fällen spontan von allein. Der Verlauf von Autoimmunthrombozytopenie bei minderjährigen Patienten ist häufig sehr leicht, außer der optischen Veränderungen nehmen Kinder kaum wahr, haben keine Schmerzen und die kleinen Hämatome heilen nach einer Remission zügig aus.

Obwohl der Verlauf meist positiv ist, sollte man mit dem Kind beim Arzt vorstellig werden, auch Kinder können sich in einem kritischen Bereich befinden. Meist aber reicht es, auf eine Remission zu warten und das Kind zu beobachten. Kommt es zu einem stärkeren Sturz, einem Schnitt oder einer anderen körperlichen Verletzung, welche mit einer Blutung einhergehen könnte, sollte man umgehend in ein Krankenhaus fahren.

Quellenverzeichnis:

  1. http://www.icd-code.de/icd/code/D69.3.html
  2. http://flexikon.doccheck.com/de/Glukokortikoid
  3. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12751019
  4. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/13090168
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