Zöliakie

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Hinter dem Begriff Zöliakie verbirgt sich eine Unverträglichkeit gegen das Proteingemisch Gluten. Immer mehr Menschen leiden an Zöliakie, die Anzahl der Betroffenen kann aufgrund von fehlenden Daten nur geschätzt werden. Aktuelle Hochrechnungen liegen bei 0,2-0,5% der Bevölkerung. Die Zöliakie kann sowohl mit kaum spürbaren Folgen, als auch mit einem massiven Paket an Symptomen einhergehen. Die Unverträglichkeit wird unter dem Schlüssel K90.0 im ICD-10 gelistet und als Gluten-sensitive Enteropathie festgehalten. Die Epidemiologie der Zöliakie ist äußerst unregelmäßig, die Unverträglichkeit ist weltweit vertretbar und reicht von 0,2 – 5,3%. [1]

1.  Was ist Zöliakie?

Zöliakie ist der Überbegriff für eine Glutenunverträglichkeit und gehört zu den Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes. Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, da der Organismus übersteuert auf ein grundsätzlich harmloses Eiweiß reagiert.

Beim Gluten handelt es sich um eine Ansammlung an Proteinen, welche nahezu ausschließlich in Getreide zu finden sind. Das Protein verfügt über einzigartige Fähigkeiten und wird umgangssprachlich Klebeeiweiß genannt. Das Eiweiß ist besonders elastisch und hält das Gebäck zusammen. Ohne Gluten ist es nicht möglich, luftigen Teig herzustellen. Gluten besteht aus mehreren Bestandteilen. Obwohl man bei Zöliakie von einer Glutenunverträglichkeit spricht, reagieren Menschen meist auf nur einen Bestandteil des Proteingemischs, das Gliadin. Das Eiweiß Gliadin wird als ein Reserveprotein des Weizens bezeichnet und wirkt sich auf die Darmwände aus, indem es die Durchlässigkeit des Gewebes erhöht. Reagiert ein Mensch empfindlich auf diese Prozesse, spricht man in der Medizin von Zöliakie.

Der betroffene Bereich bei einer Glutenunverträglichkeit ist der Dünndarm. Die Innenwand des Dünndarms verfügt über eine riesige Fläche, welche für die Aufnahme von Nährstoffen zuständig ist. Um diese Fläche zu vergrößern sind an der Dünndarmwand Zotten angesiedelt, welche beweglich sind und ebenso dir Nährstoffe aufnehmen. Bei einer Zöliakie entzündet sich die Schleimhaut der Darmwand und die Zotten sind in ihrer Funktion eingeschränkt, bilden sich zurück und sind nicht mehr in der Lage, Nährstoffe aufzunehmen. Dadurch erleidet der Organismus neben Verdauungsbeschwerden auch eine Unterversorgung mit teils lebensnotwendigen Spurenelementen, Vitaminen und anderen Nährstoffen.

2. Welche Ursachen hat Zöliakie?

Die Entstehung der Zöliakie ist nach wie vor idiopathisch, genaue Ursachen, Auslöser und Risikofaktoren sind nicht bekannt. Eine genetische Disposition spricht aber für eine mögliche Vererbung der Unverträglichkeit gegenüber Gluten, nahezu alle Betroffene verfügen über die Histokompatibilitätsantigene HLA DQ2 und DQ8. Dennoch ist die Pathogenese nicht gänzlich geklärt, rund 25% aller Menschen tragen die Gene DQ2 und DQ8 in sich, ohne eine Unverträglichkeit zu entwickeln. [2]

Auch diverse Umweltfaktoren stehen im Verdacht, für die Entstehung einer Zöliakie verantwortlich zu sein. Dazu gehören zum Beispiel Erkrankungen mit Infektionen des Verdauungstraktes im ersten Lebensjahr.

Zöliakie kann sowohl Frauen, als auch Männer befallen, wobei es eine leichte Disposition besteht. Im Durchschnitt erkranken Frauen 1,5-2 Mal häufiger, als Männer.

Zöliakie tritt häufig in Verbindung mit anderen Erkrankungen auf, teils mit Autoimmunerkrankungen oder Unverträglichkeiten. Dazu gehören Diabetes Mellitus Typ I, eine Schilddrüsenunterfunktion, Laktoseintoleranz, Rheumatoide Arthritis, Sjögren Syndrom oder Morbus Addison.

3. Welche Symptome & Anzeichen sprechen für Zöliakie?

Die Autoimmunerkrankung bringt eine große Anzahl an verschiedensten Symptomen mit sich. Jeder Mensch, der an Zöliakie erkrankt, kann völlig unterschiedliche Symptomatik aufweisen und die Verläufe sind sehr unterschiedlich. Zu den typischen Symptomen für Zöliakie gehören folgende:

  • Blähungen
  • Bauchschmerzen
  • Durchfall
  • Blut im Stuhl
  • Druck im Bauch
  • Müdigkeit
  • Gewichtsverlust
  • Schmerzen in den Gelenken
  • Infektanfälligkeit
  • Anämie
  • Zahnschmerzen
  • Schwäche
  • Schwindel
  • Geschwüre im Mund
  • Verminderte Blutgerinnung

 

Die Symptome können in verschiedensten Kombinationen auftreten und teils so unspezifisch sein, dass ein Zusammenhang mit der Ernährung nur sehr spät oder gar nicht erkannt wird.

Bei Kindern zeigt sich Zöliakie mit anderen Symptomen. Sofern die Erkrankung bereits im frühen Alter ausbricht, ist die Symptomatik neben den typischen Verdauungsbeschwerden, Bauchschmerzen, Durchfällen und Blähungen, vor allem auf den Nährstoffmangel zurückzuführen. Kinder mit einer Glutenunverträglichkeit können in der Pubertät Depressionen entwickeln, im Wachstum verlangsamt sein aber auch können die kognitiven Funktionen unter der Krankheit leiden. Die Autoimmunerkrankung kann einen Einfluss auf das Wesen des Kindes nehmen, zu Reizbarkeit und anhaltender Lustlosigkeit führen. Auch eine Infektanfälligkeit wird in Kombination mit einer Glutenunverträglichkeit vermehrt beobachtet.

4. Wie diagnostiziert man Zöliakie?

Die Diagnostik der Erkrankung ist kompliziert, in vielen Fällen wird Zöliakie gar nicht oder nach vielen Jahren von Beschwerden entdeckt. Dadurch, dass die Symptome häufig mild ausfallen und den Patienten in den Aktivitäten des täglichen Lebens nicht bedeutend einschränken, gehen viele Menschen nur sehr spät mit der Problematik zum Arzt. Um die Glutenunverträglichkeit zu diagnostizieren, können verschiedene Verfahren eingesetzt werden:

Anamnese

Besteht ein Verdacht auf Zöliakie, wird der Arzt eine Reihe von wichtigen Fragen stellen, die den Verdacht untermauern können. Dazu gehören Fragen zum sozialen Leben, der beruflichen Laufbahn, den bestehenden Vorerkrankungen, der aktuellen Medikation aber vor allen zu den Symptomen. In einem Anamnesegespräch sollte man dem Arzt alle Informationen zum gesundheitlichen Zustand mitteilen, selbst, wenn die Information nicht relevant erscheint.

Blutuntersuchung

Ein Test im Labor soll zeigen, ob Gluten Reaktionen im Körper auslöst und ebenso, um bereits eine Blutarmut oder Nährstoffmangel vorliegen. Folgende Werte werden in verschiedenen Tests bestimmt:

  • Verschiedene Antikörper, die auf eine Immunreaktion hindeuten. Dazu gehören die Anti-Glandin Antikörper, ebenso werden Anti-Endomysium Antikörper sowie Anti-Reticulin Antikörper bestimmt.
  • Großes Blutbild soll Hinweise auf eine Anämie liefern, welche häufig in Verbindung mit einer Zöliakie auftritt
  • Ein großes Profil zur Untersuchung aller Vitamine und Spurenelemente wird erstellt, um die Aufnahme der Nährstoffe durch den Dünndarm zu bestimmen
  • Die Blutsenkunsgeschwindigkeit wird zur Evaluation einer Infektion bestimmt
  • Ebenso wird ein metabolisches Profil erstellt, um Störungen des Stoffwechsels als Ursache für die Symptomatik auszuschließen

Selbsttest

Durch einen Test kann ein Verdacht auf eine Glutenunverträglichkeit untermauert werden. Bei dem Test sollte der Patient mindestens eine Woche lang komplett auf Gluten verzichten und die Reaktion des Körpers beobachten. Tritt eine Veränderung ein, könnte eine Zöliakie vorliegen. Danach kann ein Gegentest durchgeführt werden, in dem man große Mengen von glutenreichen Lebensmitteln zu sich nimmt und das Befinden über mehrere Tage beobachtet. Die empirischen Erkenntnisse sollten mit dem Arzt besprochen werden.

Stuhluntersuchung

Eine Laboruntersuchung des Stuhls kann ebenso Hinweise auf eine Erkrankung liefern. Dabei sind die Werte und die Konsistenz des Stuhls verändert. Gestört ist der Fettanteil im Stuhl. Ebenso kann Blut in der Probe ein Hinweis auf Zöliakie sein.

Biopsie

Eine Entnahme vom Gewebe des Dünndarms ist eine eher veraltete Methode. Dabei wurde die Beschaffenheit der Schleimhäute, Entzündungen und die Ausbildung der Darmzotten untersucht. Diese Methode ist für den Patienten belastend und wird nur noch in seltenen Fällen angewandt.

Im Laufe der Diagnostik, vor allem der Labortests, sollte die Aufnahme von Gluten wie gewohnt erfolgen. Verzichtet man in dieser Phase auf das Protein, können die Ergebnisse verfälscht werden, da keine Reaktionen des Körpers ausgelöst werden. Die Diagnostik der Zöliakie ist ein langwieriger Prozess, für eine sichere Diagnose sind mehrere Tests über einen längeren Zeitraum erforderlich.

5. Wie ist der typische Krankheitsverlauf?

Zöliakie verfügt über keinen typischen Verlauf. Die Symptomatik ist von der Einnahme von Gluten abhängig. Nach dem Ausbruch der Erkrankung verspüren Patienten einige Symptome, welche zurückgehen, wenn keine glutenhaltige Lebensmittel eingenommen werden. Die Ausprägung der Symptome ist sehr individuell, während manche Patienten kaum Einschränkungen haben, sind andere Betroffene durch starke Symptome in ihrem Leben eingeschränkt.

Eine Zöliakie ist nicht heilbar, die Unverträglichkeit besteht in der Regel ein Leben lang. Durch die Therapie über die Ernährung ist aber ein Leben komplett ohne Beschwerden problemlos möglich. Eine Glutenunverträglichkeit nimmt keinen Einfluss auf die Lebenserwartung.

6. Welche Behandlungsmethoden bzw. Therapien gibt es?

6.1 Schulmedizin

Es werden keine Medikamente zur Behandlung einer Glutenunverträglichkeit eingesetzt. Eine Diät wird gemeinsam mit einem Diätassistenten erarbeitet, der Patient sollte in seiner Ernährung komplett auf Gluten verzichten. Durch einen dauerhaften Verzicht erhält der Dünndarm die Gelegenheit, die Entzündungen zu kurieren und neue Zotten zu bilden, die Nährstoffe aufnehmen können. Eine Therapie mit der Diät dauert eine sehr lange Zeit, ist aber in der Regel frei von sämtlichen Nebenwirkungen.

6.2 Naturheilkunde

Es gibt keine Behandlungsmethoden in der Naturheilkunde um Zöliakie zu behandeln. Mit sanften, den Darm unterstützenden Kräutertees können die Symptome gelindert werden. Dazu gehören zum Beispiel Kamille oder Fenchel sowie Brennnessel. Diese Tees können uneingeschränkt getrunken werden.

6.3 Alternative Therapieformen

Zöliakie kann nicht mit alternativer Heilkunde behandelt werden.

7. Gibt es Hausmittel für Zöliakie?

Es gibt keine Hausmittel, die eine Glutenunverträglichkeit behandeln könnten.

8. Wie kann man vorbeugen?

Da die genaue Entstehung unbekannt ist, ist das Vorbeugen der Zöliakie für erwachsene Personen kaum möglich. Allerdings können Eltern das Risiko der Erkrankung für ihre Kinder senken. Laut Studien erkranken Menschen, die mindestens sechs Monate gestillt wurden, seltener an einer Glutenunverträglichkeit.

9. Wie sieht die richtige Ernährung aus?

Da eine Zöliakie nicht heilbar ist, erfolgt die Therapie nahezu ausschließlich über eine Ernährungsumstellung. Je nach Ausprägung der Erkrankung sollten die Patienten die Einnahme von glutenhaltigen Lebensmitteln reduzieren oder gänzlich einstellen. Gluten befindet sich ausschließlich im Getreide, aus diesem Grund sollten folgende Lebensmittel durch glutenfreie Alternativen ersetzt werden.

Getreide mit Gluten Getreide ohne Gluten
Weizen Reis
Roggen Hirse
Hafer Buchweizen
Gerste Mais
Dinkel Quinoa
Kamut Amaranth
Einkorn Tapioka

 

Nur selten wird das Getreide in der reinen Form verwendet, die Aufnahme von Gluten geschieht in der Regel über verarbeitete Produkte, wie z. B. Brot, Brötchen, Nudeln, Pizza, Kuchen, Kekse, Gebäck, panierte Fleisch- und Fischprodukte, Teilchen, Waffeln, Knödel, Knabbereien, Eiscreme und andere. In einer Bäckerei findet man beispielweise kaum Produkte, die glutenfrei sind. Aber auch viele andere Produkte können Gluten enthalten, ein genauer Blick auf die Zutatenliste verrät, was tatsächlich drin ist. Gluten kann ein Teil von vielen Produkten sein, die auf den ersten Blick gar kein Getreide enthalten, wie zum Beispiel Schokolade, Pommes, Wurst- und Käseprodukte, Desserts etc.

Für eine gesunde und vor allem glutenfreie Ernährung benötigt man Aufmerksamkeit bei der Wahl der Produkte sowie einige Alternativen, um die fehlenden Kohlenhydrate sinnvoll zu ersetzen. Mittlerweile gibt es glutenfreies Gebäck im Handel, somit muss auf Brot nicht gänzlich verzichtet werden. Aber auch ohne Ersatzprodukte gibt es zahlreiche Alternativen für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung.

10. Welche Zusätze sind bei einer Zöliakie sinnvoll?

Durch die Erkrankung ist der Haushalt an Mineralien, Vitaminen und Spurenelementen gestört. Bestimmt man die Mängel durch ein Blutbild, können die fehlenden Stoffe durch eine Supplementierung mit Nahrungsergänzungsmitteln zugefügt werden. Besonders häufig sind Vitamine B und E betroffen. Um die Nährstoffe aufzunehmen benötigt der Körper Zeit, um die Darmwände zu regenerieren. Es ist nicht zwingend notwendig, sofern keine gravierenden Mängel vorliegen, welche die Gesundheit beeinträchtigen, zusätzliche Präparate einzunehmen. Es ist lediglich wichtig, sich gesund und abwechslungsreich zu ernähren und viele gesunde und vitaminreiche Produkte zu sich zu nehmen. Nach einem längeren Verzicht auf Gluten erlangt der Körper die volle Funktion zurück und der Darm kann Spurenelemente und Vitamine wie gewohnt aufnehmen.

Quellenverzeichnis:

  1. http://www.drschaer-institute.com/de/fachartikel/die-weltkarte-der-zoeliakie-1229.html
  2. https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/zoeliakie/ursachen-risikofaktoren/
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