In Deutschland gibt es ungefähr 4 Millionen Selbstständige und Freiberufler. Laut Gesetz sind alle Bundesbürger verpflichtet, eine Krankenversicherung zu haben. Trotzdem gibt es noch immer Tausende Menschen, die weder gesetzlich noch privat versichert sind. Ungefähr ein Drittel davon (ca. 25.000) sind Selbstständige. Beim Start in die Selbstständigkeit kommt es nicht nur auf die Anmeldung beim Finanzamt und Gewerbeamt an, mindestens ebenso wichtig ist die richtige Krankenversicherung. Ebenso wie die Kfz-Haftpflichtversicherung ist auch die Krankenversicherung eine Pflichtversicherung.
Krankenversicherung für Selbstständige – Welche Wahlmöglichkeiten gibt es?
Selbstständige und Freiberufler haben grundsätzlich die Wahl zwischen 2 Arten der Krankenversicherung:
- Gesetzliche Krankenversicherung (GKV)
- Private Krankenversicherung (PKV)
Zwischen beiden Arten gibt es grundlegende Unterschiede.
Gesetzliche Krankenversicherung
Die GKV ist ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Sozialsystems. Sie ist eine verpflichtende Versicherung für alle Personen, die nicht als versicherungsfrei eingestuft sind und die keinen anderen Anspruch auf Versorgung im Krankheitsfall haben. Unter bestimmten Bedingungen kann die Mitgliedschaft in der GKV freiwillig erfolgen.
Alle Versicherten haben grundsätzlich den gleichen Leistungsanspruch. Dessen Umfang ist im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) festgelegt. Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das notwendige Maß nicht übersteigen.
Die Berechnung der Beitragssätze erfolgt nach dem Solidaritätsprinzip. Das bedeutete, die Beiträge zur GKV richten sich nicht nach dem individuellen Krankheitsrisiko, sondern der Beitragssatz hängt von der Höhe des Einkommens ab.
Private Krankenversicherung
Die PKV wird von privaten Firmen und Versicherungen angeboten. Sie ist vollkommen anders strukturiert als die GKV. Versicherte schließen einen Vertrag bei der privaten Krankenversicherung ab, der auf Unternehmensrecht und dem Versicherungsvertragsrecht beruht. Im Vertrag verpflichtet sich der Versicherungsnehmer, die vereinbarten Beiträge zu zahlen. Der Versicherer ist im Gegenzug dazu verpflichtet, im Versicherungsfall die vereinbarte Leistung zu erbringen.
Die Höhe der Beiträge richtet sich nach dem persönlichen Krankheitsrisiko des Versicherten, dem gewünschten Leistungsumfang und der Selbstbeteiligung. Das Einkommen spielt keine Rolle.
Ob GKV oder PKV, bei beiden Arten der Krankenversicherung müssen Selbstständige den vollen Anteil der Beiträge bezahlen, während bei abhängig Beschäftigten der Arbeitgeber eine Hälfte übernimmt.
Die gesetzliche Krankenversicherung für Selbstständige
Zu einem gelungenen Start in die Selbständigkeit gehört auch die Wahl der Krankenversicherung. Grundsätzlich haben Selbstständige und Freiberufler das Recht, sich freiwillig in einer GKV zu versichern. Für Selbstständige, die bereits vorher aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit in der GKV pflichtversichert waren, stellt das kein Problem dar. Personen, die jedoch in der GKV versichert sind, können nur unter bestimmten Voraussetzungen zurück in die GKV wechseln.
Was bringt der Eintritt in die GKV?
Vorteile | Nachteile |
Keine Gesundheitsprüfung | Beschränkte Wahl der Leistungen (Regelleistung) |
Kostenlose Familienversicherung für Ehepartner und Kinder | Teure Tarife für Selbstständige |
Beiträge richten sich nur nach dem Einkommen | Lange Wartezeiten bei Terminvergabe |
Wechsel zu einem besseren Anbieter leicht möglich | Geringerer Leistungsumfang |
Welche Selbstständige sollten sich in der GKV versichern?
Das Solidaritätsprinzip, auf dem die gesetzliche Krankenversicherung basiert, wirkt sich vorteilhaft für alle aus, deren Gesundheitsrisiko überdurchschnittlich hoch ist. Dazu gehören:
- ältere Menschen
- Personen mit Vorerkrankungen
- chronisch kranke Patienten
Die Mitgliedschaft in der GKV lohnt sich auch, wenn der Versicherungsnehmer Kinder hat. Diese können bei der GKV im Rahmen der Familienversicherung kostenlos mitversichert werden. Eine Mitgliedschaft ist ebenfalls eine gute Option, wenn die Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit hoch genug sind, um die Beitragssätze bezahlen zu können.
Tipp: Selbstständige können die Vorteile der GKV und der PKV kombinieren. Das geht durch eine Vollversicherung in der GKV, ergänzt durch eine private Zusatzversicherung. Für Selbstständige empfiehlt sich besonders eine Krankentagegeldversicherung. Diese zahlt, wenn der Versicherungsnehmer krankheitsbedingt nicht arbeitsfähig ist.
Wie wird der Beitrag zur GKV berechnet?
Alle gesetzlichen Krankenkassen erheben einen Beitrag (Sockelbeitrag) in Höhe von 14 Prozent des Bruttoeinkommens (ohne Anspruch auf Krankengeld). Dazu kommen dann noch Zusatzbeiträge, die von Kasse zu Kasse unterschiedlich ausfallen. Sie liegen im Schnitt bei 1,1 Prozent.
Bei der Anmeldung zu Krankenkasse seiner Wahl muss der Selbstständige sein Einkommen schätzen (falls noch kein Steuerbescheid vorliegt). Anhand dieser Schätzung wird der vorläufige Beitrag berechnet. Dabei gilt ein bestimmtes Einkommen als Höchstgrenze (Beitragsbemessungsgrenze). Übersteigt das Einkommen diesen Betrag, erhöht sich der Beitrag zur GKV nicht weiter.
Am unteren Ende gibt es einen Mindestbeitrag zur GKV, den der Selbstständige zu zahlen hat, auch wenn sein Einkommen unterhalb dieses Werts liegt.
Monatseinkommen | Monatlicher Beitrag zur GKV |
4.837,50 € (Beitragsbemessungsgrenze) | 740,14 € |
1.038,33 € (Untergrenze) | 153,53 € |
Das bedeutet, der aktuelle Höchstbeitrag zur GKV liegt für Selbstständige bei 740,14 €/Monat und der Mindestbeitrag bei 153,53 €/Monat. Der Krankenkasse muss jedes Jahr der Steuerbescheid vorgelegt werden. Dieser dient zur Beitragsanpassung. War das Einkommen niedriger als prognostiziert, gibt es eine Rückzahlung durch die GKV, fällt es höher aus, muss der Selbstständige eine Nachzahlung leisten.
Tipp: Wird der Beitragssatz nur ein wenig höher gewählt (aktuell 14,6 Prozent) erwirbt der Versicherungsnehmer Anspruch auf Krankengeld. Das ist ein großer Vorteil für Selbstständige, wenn sie wegen Krankheit arbeitsunfähig werden.
Wie funktioniert die Anmeldung bei der GKV?
Das ist relativ unkompliziert, da es für Selbständige keine Mindestvoraussetzungen für das Einkommen bestehen. Auch eine Gesundheitsprüfung findet nicht statt. Wer bereits vor dem Beginn der Selbstständigkeit in einer GKV war, kann in dieser Kasse bleiben. Der Wechsel in die Selbstständigkeit muss der Kasse natürlich mitgeteilt werden. Freiberufler, die vorher noch nicht krankenversichert oder durch die Familienversicherung der Eltern versichert waren, können sich ihre Krankenkasse selbst aussuchen. Die meisten Kassen halten dafür Online-Formulare bereit. Bei der Anmeldung wird der letzte Einkommenssteuerbescheid benötigt. Startups müssen ihr Einkommen schätzen.
Die private Krankenversicherung für Selbstständige
Beim Start in die Selbstständigkeit gilt es viele Dinge zu beachten. Wer nicht in einer der mehr als 100 gesetzlichen Krankenkassen versichert ist, kann sich alternativ privat versichern. Durch den dualen Weg gibt es 2 Möglichkeiten: Vollversicherung bei einer PKV (ca. 9 Millionen Versicherungsnehmer oder 11 Prozent aller Versicherten) oder eine private Zusatzversicherung. In letzterer Kategorie ist die Zahnzusatzversicherung sehr beliebt. Während Arbeitnehmer nur ab einem Bruttoeinkommen von 5.212,50 €/Monat eine private Vollversicherung abschließen können, gibt es für Selbstständige und Freiberufler keine Untergrenze für das Einkommen. Zwischen PKV und GKV gibt es grundsätzliche Unterschiede, die es zu beachten gilt. Sollte sich nach einiger Zeit die PKV doch nicht als ideal herausstellen, ist ein Wechsel zurück in die GKV nur schwer möglich.
Was bringt der Eintritt in die PKV?
Vorteile | Nachteile |
Bessere Leistungen und bevorzugte Behandlung | Aufnahme nur nach Gesundheitsprüfung |
Kürzere Wartezeiten auf Termine | Höhere Beiträge bei Vorerkrankungen |
Beiträge steigen nicht mit dem Einkommen | Ambulante Behandlung muss im Voraus bezahlt werden |
Keine Zuzahlungen, oft Beitragsrückerstattung | Familienmitglieder sind nicht mitversichert |
Welche Selbstständige sollten sich in der PKV versichern?
Der Eintritt in die PKV lohnt sich für Personen, die nur ein geringes Gesundheitsrisiko haben. Dadurch profitieren sie von niedrigen Beiträgen, die zudem auch nicht steigen, wenn das Einkommen wächst. Die PKV ist deshalb vor allem für junge Menschen empfehlenswert, die keine Vorerkrankungen haben. Die Altersgrenze liegt bei ungefähr 35 – 40 Jahren. Bei älteren Mitgliedern steigen die Beiträge stark an, weil sie im Durchschnitt intensivere medizinische Behandlungen benötigen. Zudem veranlasst die PKV bei jungen Mitgliedern Beitragsrückstellungen, die dazu dienen, die Beitragsanpassung im fortgeschrittenen Alter zu mildern. Die Familienplanung spielt ebenfalls eine Rolle. Die PKV eignet sich am besten für Singles oder kinderlose Paare. Für jedes Kind muss ein eigener Versicherungsvertrag abgeschlossen werden.
Wie wird der Beitrag zur PKV berechnet?
Anders als bei der GKV hängt die Höhe des Beitrags bei der PKV nicht vom Einkommen des Versicherten ab. Er orientiert sich vielmehr am Gesundheitszustand des Mitglieds, dem Lebensalter und dem Umfang der gewünschten Leistungen. Ähnlich wie bei einer Versicherung wird der Beitrag zur PKV individuell berechnet (zum PKV Rechner). Laut Focus Money zahlt ein 35jähriger für einen sehr guten Tarif mit umfassenden Leistungen zwischen 326 bis 596 Euro. Ein grundlegender Schutz ist bereits ab ca. 220 €/Monat erhältlich. Die Kosten können auch durch die Wahl des Selbstbehalts beeinflusst werden. Angehörige verschiedener Berufsgruppen erhalten Rabatte. Aufgrund der allgemeinen Kostenentwicklung im Gesundheitswesen steigen die Beiträge zur PKV im Schnitt jährlich durchschnittlich um 3,8 Prozent.
Private Krankenversicherung Test: Empfehlenswerte PKV Anbieter
Gegenwärtig gibt es 45 private Krankenkassen, die eine Vollversicherung anbieten. Die meisten davon sind bundesweit tätig, einige nur in bestimmten Bundesländern oder nur für bestimmte Berufsstände (Beamte) vorgesehen. Bei der Auswahl des passenden Anbieters spielen folgende Faktoren eine Rolle:
- Leistungen: möglichst umfangreich mit vielen Wahlmöglichkeiten
- Erreichbarkeit: Der Service der PKV muss rund um die Uhr sowohl Online als auch Offline erreichbar sein
- Kosten: Beiträge sollten möglichst niedrig und stabil sein
PKV Anbieter werden regelmäßig sowohl von der Stiftung Warentest als auch von Rating-Agenturen und Wirtschaftsmagazinen wie „Focus Money“ und Handelswoche“ getestet.
Tipp: Diese Tests sind eine gute Orientierungshilfe, ersetzen aber keine persönliche Beratung. Der Gesundheitsschutz muss individuell zusammengestellt werden, damit er optimal passt.
Laut Stiftung Warentest sehen die notwendigen Leistungen einer PKV so aus:
- 75 Prozent Kostenübernahme bei Heil- und Hilfsmitteln
- 65 Prozent bei Zahnersatz
- 90 Prozent bei Zahnbehandungen
- freie Arzt- und Klinikwahl
- Zweibettzimmer und Chefarztbehandlung
- Honorar für Ärzte bis zum Höchstsatz (3,5fach)
- 70 Prozent Kostenübernahme bei bis zu 30tägiger stationärer Psychotherapie oder bis zu 50 ambulanten Sitzungen
Der Test der Stiftung Warentest wurde im Oktober 2019 durchgeführt. Untersucht wurden 30 Anbieter.
Testsieger in der Kategorie Tarife für Selbstständige:
- Signal Iduna „Exklusiv 2, Pro 043v“ – Gesamtprädikat Gut
- Provinzial Hannover „VKSu, KHPnu, KHUnu,KTG-S 6 – Gesamtprädikat Gut
Die Kosten der Tarife schwanken zwischen 442 – 457 €/Monat. Die Selbstbeteiligung ist mit 1.000 € relativ hoch.
Die Rating-Agentur Franke und Bornberg führte im April 2019 ebenfalls einen Test im Auftrag der Zeitschrift „Handelswoche“ durch. Dabei wurden 17 Anbieter untersucht. Die Tarife basieren auf einem 35jährigen Musterkunden. In die Bewertung gingen die Leistungen zu 70 Prozent und die Beiträge zu 30 Prozent ein.
Testsieger in der Kategorie Standardschutz:
- Barmenia „einsAprima“ (94 von 100 Punkten)
- Debeka „N“ (88 von 100 Punkten)
Wie erfolgt die Anmeldung bei der PKV?
Ein Vergleich im Internet dient nur als erste Orientierung. Die Angebote ändern sich ständig. Interessenten sollten sich einige Anbieter mit guter Bewertung aussuchen und sich konkrete Tarifangebote machen lassen. Dabei empfiehlt es sich, vor der Vertragsunterzeichnung mehrere Anbieter zu kontaktieren, um die Konditionen gezielt zu vergleichen. Das wichtigste Kriterium bei der Auswahl sind die Leistungen. Die Beiträge spielen eine untergeordnete Rolle. Bei den meisten Anbietern ist eine Anmeldung Online möglich. Einige betreiben auch Agenturen, die aufgesucht werden können, falls eine persönliche Beratung vorgezogen wird.
GKV oder PKV – was wählen?
Beide Möglichkeiten haben ihre Vor- und Nachteile. Die Wahl muss gut überlegt sein, weil ein Wechsel später nicht oder nur schwer möglich ist.
Für Ältere, Familien mit Kindern oder Selbstständige mit geringem Einkommen stellt wahrscheinlich die GKV die bessere Option dar, weil sie einen guten Grundschutz (und seit der Reform 2019) auch einen bezahlbaren Mindestbeitrag bietet sowie familienfreundlich ist. Dafür müssen Versicherte jedoch eingeschränkte Leistungen, längere Wartezeiten, Zuzahlungen und Zusatzbeiträge in Kauf nehmen.
Junge Singles und Paare ohne Vorerkrankungen sind dagegen bei einer PKV oft besser aufgehoben, weil für diese Mitglieder aufgrund des niedrigen Gesundheitsrisikos die Beiträge niedrig sind. Zudem sind die Leistungen der PKV besser. Der Versicherungsschutz gilt in ganz Europa, gegen Zuzahlung häufig sogar weltweit. Allerdings steigen im Alter die Beiträge. Ein Wechsel zurück zur GKV ist nur unter erschwerten Bedingungen möglich.
Fazit
Ob für ihn die GKV oder lieber die PKV in Frage kommt, muss jeder Selbstständige für sich entscheiden. Am wichtigsten ist es jedoch, überhaupt eine Krankenversicherung abzuschließen. Ohne jegliche Absicherung dazustehen verstößt nicht nur gegen das Gesetz (Krankenversicherung ist eine Pflichtversicherung), sondern wäre bodenloser Leichtsinn. Die Ausgaben für die Beiträge sind eine gut angelegte Investition in die eigene Zukunft.